Donnerstag, 9. Oktober 2014

Angriff auf die Wissenschaft - politische Einmischung in die Förderungen der NSF

Seit längerem tobt in den USA eine Auseinandersetzung um die wissenschaftliche Unabhängigkeit der Förderungsentscheidungen der National Science Foundation.
Der republikanische Kongressabgeordnete Lamar S. Smith (dt. wikipedia) stellt als Vorsitzender des Kongress-Auschuss für Wissenschaft, Weltraum und Technologie  Entscheidungen der NSF in Frage. Er fordert, dass nur noch national bedeutende Projekte - Kulturwissenschaften zählt er offenbar nicht dazu - gefördert werden sollten und dass das Verfahren des peer review zwar unangetastet bleibt, aber unter politischer Aufsicht stehen sollte. Eine Gesetzesnovellierung soll das festschreiben.
Bereits im April 2013 hat sich Präsident Obama dagegen verwehrt, dass Förderungsentscheidungen der NSF politisiert würden, hat aber zugleich zugestimmt, dass es sinnvoll sei, dass die Regierung "sicherstellt, dass wir nur solche Projektanträge fördern, die für öffentliche Mittel die größten Knaller versprechen."

Konkret lässt Lamar Smith etwa 47 Projekte überprüfen, die seiner Meinung nach Geldverschwendung sind. Die NSF wurde gezwungen, die Antrags- und Begutachtungsunterlagen, also die anonymen Gutachten vorzulegen. Bei den Projekten, die er überprüfen lässt, handelt es sich zumeist um solche der Geistes- und Kulturwissenschaften, die noch nicht einmal besonders viel Geld bekommen haben. Anhaltspunkte, dass im Bewilligungsverfahren irgendetwas Regelwidriges passiert sein soll, gab es nicht. 
 
Aus den vorgelegten, prinzipiell vertraulichen Unterlagen sind im übrigen - unverfängliche - Details an die Presse gelangt, so dass Smith nun vorgeworfen wird, die Integrität der wissenschaftlichen Begutachtungsverfahren zu gefährden.


Archäologische Projekte als Geldverschwendung
Uninteressant für den Kongressabgeordneten Smith:
Bronzezeitliche Besiedlung auf Zypern
(Foto: R. Schreg, 1996)
Die Liste enthält auffallend viele archäologische Projekte, 8 von 47. Einige der Projekte sind bereits vor Jahren ausgelaufen, andere sind noch aktuell. Insgesamt fördert die NSF derzeit 255 laufende Projekte in der Rubrik Archaeology (Abfrage der NSF-Datenbank).

  1. J. Arthur (University of South Florida), An Ethnoarchaeological Study of the Gamo Caste System in Southwestern Ethiopia
  2. S. Manning (Cornell University), Collaborative Research: the Kalavasos and Maroni Built Environments Project. Investigating Social Transformation in Late Bronze Age Cyprus
  3. R. Rosenswig (SUNY at Albany), Izapa Regional Settlement Project
  4. T. Winemiller (Auburn University at Montgomery), Collaborative Research: Ancient Maya Wooden Architecture and the Salt Industry
  5. St. Falconer (Arizona State University), Bronze Age village life and landscape dynamics at Politiko-Troullia, Cyprus
  6. B. Hanks (University of Pittsburgh), Metallurgical Practice, Technology and Social Organization during the Middle to Late Bronze Age in the Southern Urals, Russia
  7. H. Neff (California State University), The Prehistory of Chiapas, Mexico
  8. Ch. Roosevelt (Trustees of Boston University), Cultural Dynamics and Overlapping Interaction Spheres in the Marmara Lake Basin, Western Turkey
Auswahlkriterien für die genannten Projekte sind nicht zu erkennen, sie decken inhaltlich Forschungen in Mesoamerika ebenso ab, wie solche in Europa, Asien und Afrika. Alle Projekte sind eher solide Grundlagenforschung, als besonders exotische und risikoreiche Forschungsthemen.
Dass sich auch Projekte auf der Liste finden, die sich mit Folgen von Klimawandel auseinandersetzen, ist weniger verwunderlich. Smith ist ein bekannter "Skeptiker", des Klimawandels, der mehrfach Wahlkampfunterstützung aus der Ölindustrie erhalten hat.



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